Wie schon oft stelle ich mir wieder diese Frage. Bleiben, im (Regelschul-)system, als Teil eines großen Ganzen oder mich mit Gleichgesinnten auf einer Insel niederlassen?!

Als ich gerade begonnen habe, den Artikel zu schreiben, kam mir die Geschichte mit dem Regenbogenfisch in den Sinn. Er ist sehr unglücklich und einsam, obwohl er von vielen Tieren umgeben ist. Als einziger unter den Fischen hat er wunderschöne Glitzerschuppen, um die ihn die anderen beneiden. Keiner spielt mit ihm, sie wollen alle eine Schuppe von ihm. Er klagt sein Leid bei einem Seestern, der ihn zum weisen Oktopus schickt. Er rät ihm, jedem eine Glitzerschuppe zu schenken. Der Regenbogenfisch befolgt den Rat und gibt nach und nach seine Glitzerschuppen an die anderen Fische ab. Nun ist er Teil der anderen und wird akzeptiert.

Will ich ein Regenbogenfisch in einem Schwarm andersartiger Fische sein, ohne meine Schuppen abzugeben? Ich glänze besonders schön und hell, werde eventuell von anderen beneidet und dennoch sehe ich meine Schönheit nicht. Ich sehe nur, dass ich nicht Teil der Gruppe bin. Das könnte mich zu einem Außenseiter machen und ziemlich einsam. Doch es könnte auch eine Chance sein, einen Unterschied zu machen. Es ist doch auch so, dass erst durch den Glanz der Schuppen des Regenbogenfisches, den anderen Fischen bewusst wird, dass ihre Schuppenfarbe nicht die einzige ist. Sie sehen, dass andere Schuppen so schön glitzern. Überträgt man das auf das Schulsystem, kann eine Person, die für ihre Vision brennt, auch in einer Regelschule den einen Unterschied machen. Bestenfalls sogar die anderen damit anstecken. Ich bewundere diese Menschen! Doch ich habe in den letzten Jahren auch gemerkt, wie viel Energie es kostet, ständig so zu leuchten. Ich habe meinen Brennstoff nicht ausreichend aufgefüllt und bin im wahrsten Sinne des Wortes ausgebrannt. Daher frage ich mich für die Zukunft:

Kann ich mich für meine Vision, einen Unterschied zu machen, stark machen, auch in einem Umfeld, in dem die anderen noch nicht bereit dazu sind? Habe ich die Stärke, Widerstände, Ablehnung und Stillstand auszuhalten und dennoch immer an meiner Vision festzuhalten? Ich wünschte mir, dies eindeutig mit ja beantworten zu können.  Denn es gibt so viele kleine blaue Fische, die sich so eine Glitzerschuppe wünschen und die ganz viel Glitzer und Konfetti gebrauchen könnten. Jeder ist in der Lage sich zum Strahlen zu bringen, es benötigt lediglich Zuwendung, Liebe, Vertrauen, Ermutigung und Bestärkung.

Der Regenbogenfisch könnte sich auch auf die Suche nach einem Regenbogenschwarm begeben. Er wäre dann unter Gleichgesinnten und müsste die Andersartigkeit nicht länger ertragen. Es gäbe viele Regenbogenfische mit denen er spielen und sich austauschen könnte. Der Regenbogenfisch würde sich zugehörig und angenommen fühlen. Doch wird der Regenbogenfisch den anderen Fischschwarm ohne Glitzerschuppen einfach vergessen? Kann er es einfach ausblenden, dass es da draußen im Meer noch andere Fische gibt, die er einfach im Stich gelassen hat, nur um seinen Bedürfnissen nachzugehen? So ergeht es zumindest mir und ich frage mich, ob ich es mir so einfach machen darf und ob ich an einer freien demokratischen Schule wirklich glücklicher sein kann.

Nun könnte ich es aber auch so machen, wie der Regenbogenfisch und meine Glitzerschuppen an die anderen abgeben und als Teil des Schwarms mitschwimmen. Es ist schön zu einer Gruppe zu gehören, Spielgefährten zu haben und angenommen zu werden. Jeder ist „gleichgestellt“ und es gibt keine Neider. Doch ist das die Realität? Nein. Denn für ein Miteinander reicht es nicht, nur im Einheitslook herumzurennen. Es gibt immer eine Uneinigkeit, solange die (inneren) Werte nicht kompatibel sind. Solange jeder den anderen wertschätzt und als individuellen Teil des Ganzen sieht, ist diese Heterogenität wunderschön. Doch wenn jeder mit dem Zeigefinger auf den anderen zeigt, ist ein gutes Miteinander nicht möglich.

Hat das Ganze jetzt überhaupt noch etwas mit Schule und Regelschulsystem zu tun? Ich habe gerade das Gefühl, dass es eher um einen Grundsatz geht. Und zwar, dass die äußeren Umstände immer auch ein Spiegelbild des eigenen Seins darstellen. Herrscht im Innern des Menschen Friedens, so umgibt ihn meist auch ein friedvolles Außen.  Und umgekehrt auch. Finden Menschen in sich keinen Frieden, so „suchen“ sie auch im Außen immer nach Unfrieden.

4 Antworten

  1. Liebe Verena,

    und jetzt? Wie wird deine Entscheidung ausfallen? Sind es jetzt die blauen Fische, über die du nachdenkst? Nehmen sie dir deine Kraft? Siehst du dich noch als Opfer deiner Umgebung?

    Klar, als Salswasserfisch ist dauerhaftes Schwimmen im Süßwasser schuppenschädlich. Meistens schwimmen die blauen Fische in der süßen Aquakultur eh schnell weiter, weil sie dann doch zu sehr mit sich selbst und ihren eigenen Schuppen beschäftigt sind. Doch dann ist die Pause in der Reuse vorbei und ich mache wieder ein paar schöne Glitzerschwimmschwungdreher im bunten Minisalzwasserbassin. Kleines Becken, viele Bewohner, gemischtes Seealter (18-49 in der Berufsschule) Je nachdem, wie gerade das Licht fällt, wird auch das von uns in alle Spektralfarben aufgebrochen. Es scheint durchs Glas bis auf den Boden. Zwei blaue Fische sind neugierig dazu gekommen und haben gerade festgestellt, dass sie eigentlich auch recht bunt sind und schillern. Sie wollen meine Schuppe inzwischen gar nicht mehr und polieren gerade ihre eigenen frei. Ich berate sie, wenn sie sich entschieden haben, dazu zukommen.

    Wünsche dir von Herzen, dass du einen Weg findest und nicht flüchtest! Jeden einzelnen, den du anfunkelst, ist es wert!

    1. Wow liebe Bine, vielen lieben Dank für deine Tolle Antwort. So ein großartiger Vergleich und die bildliche Vorstellung ist großartig. Es tut schon sehr gut gleichgesinnte Menschen zu treffend die mir Mut machen, zu sehen, dass „Lehrer“ nicht nur abgewertet werden. Ich habe vielleicht eine Allergie bekommen und gerade bin ich dabei mein Immunsystem zu stärken. Fest steht dennoch für mich, dass ich nicht einfach alle blauen Fische im Stich verlassen möchte, diese sind nämlich auch Hammermegagigantisch. 🙂

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