Nur wenn das Outcome stimmt…

Freie Demokratische Schulen begeistern mich. Ich habe vor etwa einem halben Jahr angefangen mich mit dem Thema zu beschäftigen und noch lange ist kein Ende in Sicht. Ich suche nach Büchern zu dem Thema, nach Meinungen im Internet, nach Veranstaltungen. Jedes Mal, wenn ich mich mit dem Konzept auseinander setze, bin ich überzeugter davon. Wer nachfragt warum ich zum Tag der offenen Tür der freien demokratischen Schule „INFINITA“ in Schleswig-Holstein gefahren bin oder was das für eine Veranstaltung ist, die ich da gerade besuchen will oder wer mich fragt was in meinem Leben gerade so los ist, wird damit vertraut gemacht.

Häufig treffe ich auf aufgeschlossene Menschen, die sich anhören was ich mir so denke und versuchen nachzuvollziehen wie es funktioniert. Die interessiert sind mehr darüber zu erfahren, auch wenn sie vielleicht nicht selbst weiter nachforschen würden.

Aber ein Satz, der mir jetzt schon mehrfach untergekommen ist, macht mich nachdenklich:

„Das ist ja alles interessant, wenn dann auch das Outcome stimmt“.

Die Gesprächspartner sind in der Regel studierte Leute. Was sie damit meinen wird bald klar: „Man müsste mit den Schulabgängern sprechen. Wie viele von ihnen machen die Hochschulreife und wie viele einen weiterführenden Abschluss im Sinne eines Hochschulabschluss? Gibt es da Statistiken?“

Ich finde die Frage nach dieser Art von Outcome zeigt eine Erwartungshaltung an die Kinder, welche gerade den Druck aufbaut, den sie in der Regelschule erfahren. Nämlich in ein System passen zu müssen, welches Menschen vergleicht und bewertet und ein Konzept nur etwas wert ist, wenn daraus das gewünschte Ergebnis/die Leistung entsteht. Es zeigt fehlendes Vertrauen in die Kinder ihren eigenen Weg zu gehen und ihre eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.


Alles was mich persönlich an freien demokratischen Schulen begeistert, hat mit dem Gegenteil davon zu tun.
Mit Individualismus, Kreativität, dem Sinn im scheinbar Sinnlosen, dem Spiel um seiner selbst willen und dem informellen Lernen daraus. Damit, dass Zeit und die richtige Umgebung Raum geben sich darüber klar zu werden wer man sein möchte und sich zu dieser Person zu entwickeln.

Für mich persönlich besteht das Outcome darin interessierte, eigenständige und selbstbewusste Persönlichkeiten zu entwickeln.

Und damit meine ich nicht Interesse an Dingen die ich, die Schule oder die Gesellschaft vorgeben. Ich meine nicht Eigenständigkeit darin vorgegebene Wege nachzulaufen. Ich meine die Fähigkeit das eigene Leben völlig frei selbst gestalten zu können. Langstreckenwanderer sagen „Hike your own hike“ was meint: geh dein eigenes Tempo, mit den Menschen, die du dir aussuchst, auf Wegen für die du dich selbst entscheidest. Nicht mehr und nicht weniger sollten wir den Kindern zugestehen.

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4 Antworten

  1. Hi Sophia,
    was du beschreibst ist die Krux bei der ganzen Geschichte. So eine freie Schule zielt im Grunde auf etwas anderes als die üblichen gesellschaftlichen Erwartungen. Und was die von dir beschriebenen Leute wollen, die auf diesem Qutput-Begriff herumreiten, ist dann quasi die Quadratur des Kreises. Sie gestehen freien Schultypen ihre Existenzberechtigung nur zu, wenn sie letztlich das „schaffen“ oder bewerkstelligen, was auch die Regelschulen leisten, bzw. worauf diese abzielen. Nur dann mache das Sinn. Und genau das ist eben halbherzig gedacht bzw. zu kurz gesprungen, denn so fängt einen das übliche System ja immer wieder in. Spätestens an den Unis passiert das, denn es gibt ja keine „freien Unis“, sondern nur die nach dem üblichen Muster. Die Frage, um die sich alles kreist ist letztlich: Welche Ziele wollen wir denn tatsächlich verwirklichen? Nur mal so bis zum Realschulabschluss so ein bisschen einen Freiraum gewähren und dann aber wieder unter Druck bis zum Abi, das ist letztlich ein allzu fauler Kompromiss in dieser Angelegenheit. Mir scheint, du hast ein Gespür für diese Problematik.

    1. Hallo Christian,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Natürlich hast du recht! Diese Frage verdeutlicht wie sehr die Menschen gedanklich feststecken in diesem uns aktuell gesellschaftlich vorgegebenen Konstrukt und wie radikal der Prozess eigentlich ist den wir hier (mit SoT) anstoßen wollen. Ich glaube das war mir selbst bisher nicht so bewusst, deshalb ist es mir jetzt so stark negativ aufgefallen.
      Wir wollen ja mit freien demokratischen Schulen im Grunde viel mehr „schaffen“ als die Regelschule. Wir wollen nicht den reinen Wissenserwerb und die „Funktionalität“ für die Gesellschaft, sondern den Kindern die Möglichkeit geben kommunikationsfähige, konfilktfähige, selbstmotivierte und zufriedene Menschen zu werden.
      Ich glaube allerdings, dass die Zeit, die man sich wirklich frei entwickeln kann, niemals umsonst ist. Also auch wenn man sich nach der Zeit in einer demokratischen Schule zum Teil wieder den gesellschaftlichen Konventionen (Abitur machen, eine Uni besuchen) beugen muss. Man kann dies nach meiner Vorstellung dann aus eigener Motivation und eigenem Interesse heraus bewusst tun (oder auch nicht tun) und nicht, weil das eben notwendig ist, um in dieser Gesellschaft – ich sags jetzt mal überspitzt – nicht zu den Verlierern zu gehören. Und natürlich wäre es schön wenn sich nicht nur die Schullandschaft, sondern unsere Gedankenwelt, der Leistungsanspruch, die Gesellschaft an sich verändern würden (wie es das bei mir gerade tut), aber die Gespräche von denen ich in dem Artikel schreibe lassen mich erkennen, dass es so schnell nicht geht. Vielleicht brauchen wir erst die Kinder bzw. dann Erwachsenen aus freien demokratischen Schulen in der Welt, um wirklich ein Umdenken zu bewegen? Es wäre jedenfalls eine Hoffnung von mir, dass wenn wir im „Kleinen“ anfangen wir damit am Ende das Große bewegen können.

      Lieben Gruß, Sophia von SoT

  2. Hallo Sophia,
    ich habe gerade eben erst mehr oder weniger spontan-zufällig deine Antwort gelesen. Ich dachte, man bekommt einen Link in das eigene Postfach geschickt, wenn es eine Rückmeldung gibt. Aber egal.
    Was wir da thematisieren ist eigentlich das brennendste Thema unserer Zeit. Es ist aber kein Thema, das irgendwie politisch aufgegriffen, geschweige denn angegangen, würde. Aber alles, was sich derzeit abspielt und was dann die Nachrichten und Zeitungen füllt, hängt letztlich mit genau diesem Bildungsthema zusammen.
    Ich bin allerdings etwas optimistischer, was den Zeitrahmen der Umsetzung unseres hehren Anliegens angeht. Es gibt da ein paar Erkenntnisse, die ziemlich unwiderstehlich sind, zumindest bilde ich mir das ein. Gerald Hüther und seine Thesen etwa, wirst du wohl kennen, nehme ich mal an. Falls doch nicht, schau dir mal einen seiner neueren Auftritte an (weil er immer besser wird „wie beim Wein“). Immer wenn er auftritt, dann sind die Leute ganz Ohr und „recht begeistert“. D.h.: Er trifft – zumindest bei sensiblen Zeitgenossen – den Nerv, dessen, was auch sie selber offenbar stark beschäftigt und bewegt. Und er erklärt gesellschaftliche Phänomene unkonventionell anders als sie etwa im Journalismus oder in der Politik abgearbeitet werden. Immer streng aus Sicht dessen, was sich im Hirn so abspielt. Man kann nämlich wunderbar die Dinge herleiten, wenn man sich darüber klar wird, wie unser Denkapparat denn so tickt. Da steckt viel Potenzial drin! Deswegen ist es natürlich auch von Vorteil, wenn man sich auf solche Erkenntnisse einlässt, wenn man hier nachhaltig was bewegen will. Schön, dass du auch auf dieser Wellenlänge bist! Hier auf dem Portal gibt es ja glücklicherweise eine ganze Reihe solcher junger Leute. Aber ist keine Frage des Alters. In allen Generationen gibt es solche und andere. Ich selber war übrigens nie in einer betont freien Schule. Ganz normaler Werdegang, Aber es hat mich schon immer recht viel gestört in/an der Schule, an der Uni, im Arbeitsleben. Da steckt überall der Wurm drin, ehrlich gesagt.

    Lieben Gruß
    Christian

  3. Hi, ich bins nochmal. Habe gerade deinen Artikel „Probleme in der Schule“ gelesen und bemerkt, dass du Gerald Hüther (natürlich) kennst. Ich verfolge seine Vorträge schon lange, ca 10 Jahre., habe auch ein paar Bücher von ihm. Anfangs gab es DVDs von seinen Vorträgen zu kaufen, mittlerweile bekommt man ja das meiste über Youtube oder seine eigene Homepage. Was aber auch klar wird: Obwohl er sich so sehr engagiert, scheint das noch nicht recht zu fruchten. Er sagt es auch selber. Sinngemäß: Es nutze nichts, nur Bücher zu schreiben und wissenschaftliche Vorträge zu halten und alles haarklein zu erklären. Das sei alles die rein kongnitive Verstandesebene. Man müsse die Leute vor allem emotional berühren/bewegen. Jeder müsse wieder mit selber in Berührung kommen – und so. Deswegen hat er ja such diese Akademie gegründet, damit das alles etwas konkreter werden kann. Die Leute brauchen offenbar irgendwie noch einen Ticken mehr Motivation.

    Lieben Gruß
    Christian

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