Heute morgen habe ich dem Vortrag von Jesper Juul im Kongress Schools of Trust gelauscht. (siehe Mediathek). Ich mag seine pragmatische Art einfach sehr. Er hat diese wundervolle Gabe, die komplexen Zusammenhänge auf simple und eingängige Art zu erklären. Auch er ist der Meinung, dass Veränderungen für unsere Kinder und Lehrer nicht von ‚oben‘ kommen können.
Genau wie er, frage ich mich:
- Warum gehen Eltern nicht auf die Strasse und sagen, da schicke ich mein Kind nicht mehr hin?
- Warum sagen Lehrer nicht: Da gehe ich nicht mehr hin?
- Warum machen Therapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten und Psychologen das alles mit? Sie behandeln weiter, obwohl sie wissen sollten, dass sie durch ihre Behandlungen und Maßnahmen die Kinder unter Umständen wieder in ein System ‚zurück-therapieren‘, das in höchstem Maß für Krankheit und Auffälligkeit von Kindern und Fachpersonen sorgt?
- Warum sollen Eltern ein Bußgeld zahlen, wenn ihre Kinder nicht mehr freiwillig in diese Schule gehen, die ihnen so offensichtlich das Leben schwer macht?
- Warum verschreiben Ärzte Pillen und Therapien, wenn die Kinder Symptome zeigen, die ganz deutlich machen, dass sie nicht in die Schule oder in den Kindergarten gehen können?
Für so viele Beteiligten ist es wirklich eine Tragödie. Darüber hinaus ist es nicht einfach den Überblick zu behalten und weiße Entscheidungen für die Kinder zu treffen. Entscheidungen, die langfristig auf Gesundheit, Lebensfreude und Zufriedenheit setzen und nicht auf Funktionalität und messbare Ergebnisse.
Woran sollen Eltern sich orientieren?
Sie müssen sich die Freiheit, selbstbestimmte Entscheidungen bezüglich der Erziehung und Bildung ihrer Kinder treffen zu können, hart erarbeiten. Egal in welchen Lebensumständen du dich befindest, es ist kein Weg, der dich mit deinem Kind auf Rosenblüten dahin wandeln läßt. Jedes bisschen Freiheit und jeder Schritt in eine selbstbestimmte, vielleicht freiere Lern- und Lebenskultur, will wirklich erobert sein. In fast allen Fällen muss Geld aufgebracht werden, vielleicht muss man die Familie in die Nähe einer anderen Schule umpflanzen? Vielleicht muss man in das Ausland ziehen? Auch gibt es Fälle, wo man rechtliche Auseinandersetzungen führen muss, um die eigenen Kinder zu bewahren? In bestimmten Situationen sind sich die Eltern nicht einig oder es kommen sogar mehrere Umstände zusammen.
Ich kenne viele Eltern, die eine Menge auf sich nehmen, nur um für ihre Kinder ein Umfeld zu schaffen, dass gesündere und wohlwollendere Lernbedingungen und Lebensumstände schafft. Eltern, die gelernt haben, dass es so nicht geht. Eltern, die bereit sind andere Prioritäten zu setzen, zu experimentieren und zu forschen, um Möglichkeiten zu entwickeln, die nachhaltig sind und gesunde Prozesse schaffen. Eltern die einfach in die natürlichen Lernprozesse der Kinder vertrauen.
Ich halte diese ganzen Bewegungen für außerordentlich wichtig, um eine größere Veränderung auf breiterer Ebene herbei zuführen.
Es ist wichtig, dass wir eine Vielfalt von Möglichkeiten kreieren und uns weg bewegen von dieser breitgestreuten Vorstellung, dass Kinder nur im klassischen ‚Schulsetting‘ lernen. Dahin zu gelangen, ist ein langer Weg.
Mir fällt auf, wie wenig sich viele Erwachsene überhaupt auch nur vorstellen können, dass Kinder mit einem größeren Maß an Freiheit und Möglichkeit für eigenständige Entscheidungen überhaupt lernen können und wollen.
Viele Erwachsene sind noch so sehr mit einem System aus Kontrolle und Disziplin in Lernangelegenheiten verwoben, dass es ihnen unmöglich erscheint, die Vorstellung an sich heran zu lassen, dass ein Kind keinen Druck und keinen Gleichschritt benötigt, um freudvoll und immerzu lernen zu können.
Ich freue mich über jeden, der das in Erfahrung gebracht und um die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit dieses Weges weiß.
Auch wenn es viele nicht sehen wollen. Die Zeit von Schule, so wie wir sie kennen, ist vorbei. Das „Neue“ ist noch nicht ganz geboren. Es ist noch eine gutes Stück Arbeit. So mancher kann das ‚Köpfchen‘ schon sehen. Für viele ist es eine schmerzhafte, schwere Zangengeburt. Doch für andere ist es ein toller, freudvoller, leidenschaftlicher Geburtsprozess. Zurück geht es nicht mehr. Ich möchte Mut machen, sich aufzumachen und den persönlichen Forschungsweg anzugehen, auch wenn es zunächst etwas holprig erscheint.
Es kann nur besser werden.
Von Uta Heinrich veröffentlicht am
auf ihrer Internetseite www.wundersameslernen.de
3 Antworten
Liebe Uta
Deine Zeilen lassen mich durchatmen! Es tut so gut zu spüren, dass ich nicht alleine bin! Gerade gestern hatte ich mal wieder eine eher schwere Diskussion mit meinem Mann! Es ist wahrlich eine schwere Geburt! Er ist nicht ganz abgeneigt, jedoch hängt er noch immer zu stark in der Vergangenheit, im alten System!
Deine Zeilen bestärken mich, mein Herz, mein Gefühl und schenken mir Mut für mein Wahrheit einzustehen und zu vertrauen!
DANKE von Herzen und alles Liebe
Yasmin*
Liebe Uta,
ja das alte System von Schule, so wie es heute ist, muss endlich vorbei sein! Ich selber habe auch eine Analyse unseres Bildungssystems gemacht und in meinem Buch „Bildung – ein Deutschlandmärchen“ auf http://www.lehrermarkplatz veröffentlicht. Die gemeinsamen Schwerpunkte aller Reformpädagogen, von Pestalozzi und Diesterweg angefangen, haben mich darauf gebracht, wie eine Bildungsrevolution auszusehen hätte! Die Quelle liegt in der Uni-Ausbildung der Lehrer bei den Professoren! Sie lehren nur alte Theorien und haben kaum noch Bezug zum praktischen Schulaltag und den Schülern! Auch die vielen „modernen“ Methoden werden nicht zum Erfolg führen sondern nur die Lehrer, wie gut und begreifbar sie lehren! Ich bin nicht ganz eurer Meinung wie die meisten hier auf schools of trust, die auf das „Freilernen“ der Schüler setzen! Ein guter und verständlicher Lehrervortrag ist zielgerichteter und Tausendmal besser als das mühsame selbständige erlernen durch die Schüler! Wenn alles sofort begriffen werden kann, ist auch beim Schüler der Spaß dabei, weil er garnicht mehr lernen muss, da Begreifen schon der abgeschlossene Lernprozeß ist! Das Erhärten muss natürlich durch eigene Experimente oder „Projekte“ ergänzt werden.
Liebe Grüße
uli