Ich schreibe hier meinen ersten Blogartikel und möchte weder falsch verstanden werden noch mich
unbeliebt machen: Ich bin ein großer Befürworter freier, demokratischer Bildung und Schulen.

ABER

Ist man z.B. regelmäßig auf Facebook unterwegs und verfolgt die Szene, so wird schnell klar, dass wir
uns im Kreise drehen. Kaum gibt es irgendwo ein neues Interview von Hüther, Precht oder Juul,
verbreitet sich dieses wie ein Lauffeuer durch die verschiedenen Seiten. Neue Argumente bei den
dreien? Fehlanzeige! Oder: Sicherlich kennt Ihr auch die Gespräche mit Freunden, am Esstisch, mit
Großeltern darüber, Schule anders zu denken. Spannend, lehrreich, häufig zäh. Häufig ist auch
irgendwann ein Punkt erreicht, wo sich die Argumente dort im Kreise drehen.

DAHER

Wir müssen uns mehr mit uns selbst beschäftigen.
Und noch intensiver, wissenschaftlicher mit „unserem“ Thema auseinander setzen. Neues Wissen
sammeln, neue Argumente kennenlernen. Dazu gehört es vor allem auch, keine „heile Pädagogik“ zu
suggerieren, sondern auch ganz offen und ehrlich über die Nachteile von freien, demokratischen
Schulen zu sprechen. Die negativen Aspekte müssen von uns in den Blick genommen und diskutiert
werden, nicht von denen, die „eh schon dagegen“ sind.
Um nur mal die Diskurse aufzuzeigen, die mir in Erinnerung kommen:
– Informelle Macht- und Kontrollmechanismen
– Verlagerung der Lenkung weg vom Lehrer hin in das Material
– Negative Effekte im fachlichen Bereich
– Mangelnde Wirkung der Öffnung von Unterricht
– Der individualisierte Unterricht (re-)produziert soziale Unterschiede
– Das Kind wird zum „neoliberalen unternehmerischen Selbst“

Irgendwann hilft es nicht mehr zu sagen „Wir wollen keine Machtverhältnisse, so etwas passiert bei
uns nicht“. Das ist kein Argument. Hier heißt es erst, ganz genau hinzusehen, die Diskurse
anzunehmen, die Probleme auszudifferenzieren und ihnen dann zu begegnen.
Wie das genau aussieht, weiß ich an dieser Stelle leider noch nicht. Aber ich arbeite dran. Und nun…

DISKUTIEREN

 

4 Antworten

  1. Ein berechtigter und konstruktiver Impuls.
    Wenn man hauptsächlich damit beschäftigt ist gegen Widerstände eine Alternative aufzuzeigen, dann vergisst man leicht auch die Alternative auf Herz und Nieren zu prüfen.
    Da bin ich dabei 🙂

  2. Hallo Tobi,

    prinzipiell sehe ich das genau so wie du. Allerdings gibt es aktuell echt wenig Forschung. Und die Forschung die es gibt, berichtet fast nichts negatives.
    Zwei kritische Aspekte habe ich bisher gefunden: Viele ältere und vor allem bessere Schüler*innen wünschen sich (so ab Klasse8-9) mehr gefordert zu werden und Noten an den freien Schulen: Das geht aus einer Studie von Dirk Randoll, Sylva Liebenwein, et al. zur Situation an demokratischen Schulen hervor. Sie kann an diversen Unibibliotheken ausgeliehen werden, zur Not kann ich s dir auch als pdf schicken.
    Gleichwohl ist immer noch sehr positiv ausgefallen. Die Ergebnisse sind unter Anderem: Quasi kein Mobbing, hohe Zufriedenheit der Schüler, gutes Verhältnis zu Lehrern, auch die Lehrer sind zufrieden.
    Der Zweite Punkt ist das schön fundamental-kritisch, wie es in der linken Szene üblich ist, geschriebene Buch der Absolventen und Lehrer der „Schule für Erwachsenenbildung“ aus Berlin von Rainer Nitsche und Ulli Rothaus „Offene Türen und andere Hindernisse“.
    Die wichtigsten Punkte neben Inkonsequenz und dem Nichterscheinen (dort herrscht keine Schulpflicht) ist vor allem mangelhaftes Feedback zu Lern-, aber auch Organisationsprozessen. Durch die kurze Schulzeit von 2-3 Jahren an der SFE, aber auch durch die Aufgabenverteilung auf „Alle“, fühlt sich oft niemand berufen, Beschlüsse zu kontrollieren und Änderungen über einen längeren Zeitraum zu tragen.
    Gleichwohl ist die SFE vorletztes Jahr zur besten Schule Deutschlands gekürt worden (Bosch Stiftung: Deutscher Schulpreis).

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